Die Welt der vergessenen KinderSchätzungen zufolge leben in Deutschland über 2,5 Millionen Kinder, deren Eltern psychisch krank sind. Flächendeckende Hilfsangebote gibt es für sie nicht - dabei sind sie stärker gefährdet als andere Kinder, selbst psychisch zu erkranken. Der Grund dafür ist, dass die betroffenen Kinder im Alltag starken Belastungen ausgesetzt sind.
Screenshot NACOA WebseiteDie Kinder können das Verhalten ihrer Eltern nicht richtig einzuschätzen, fühlen sich oft schuldig an der Situation und schämen sich. Dazu komme oft noch Armut, viele der Betroffenen sind Trennungskinder. Das Erkrankungsrisiko von Kindern psychisch kranker Eltern ist drei bis vier Mal höher als das von Kindern gesunder Eltern. Dazu komme oft auch eine genetische Prädisposition, vor allem bei Krankheiten wie Schizophrenie.
Probleme der Eltern werden Schwierigkeiten der KinderEine Suchterkrankung der Eltern oder eines Elternteils stellt für Kinder eine erhebliche Belastung und Bedrohung dar. Sie verläuft über viele Jahre, mitunter Jahrzehnte. Sucht ist beim Betroffenen verbunden mit einer starken Einengung der Aufmerksamkeit und der Energien auf die eigene Person und das Suchtmittel. Es kommt in vielen Fällen zu einer Beeinträchtigung der Fähigkeit, Kinder angemessen zu versorgen, ihnen eine konstante und fördernde emotionale Zuwendung zuteil werden zu lassen und die Stabilität der äußeren Lebensbedingungen hinreichend zu gewährleisten.
Die Trennung der Eltern - sofern überhaupt beide Elternteile vorhanden sind - und neue Beziehungen mit u.U. ebenfalls problembelasteten Partnern oder Teilfamilien sind die Regel. Problemlagen der Familien wie Beziehungsstörungen (Eltern/Kind, Partner) Vernachlässigung der Kinder, (wiederholte) Trennung/Scheidung, Kommunikationsstörungen, Konfliktverleugnung beeinträchtigen die Versorgung, Erziehung und Bildung der Kinder. Die suchtkranken Eltern leben in einer - mitunter überzogenen - Angst vor Eingriffen des Jugendamts und dem Verlust des Kindes.
Sie isolieren sich und verheimlichen ihre Schwierigkeiten, bis es dann mitunter doch zu gravierenden Auffälligkeiten kommt. Unter diesen Bedingungen entwickeln Kinder häufig eigene Störungen, die Teil der Familiendynamik sind, sich in der sozialen Umwelt aber als individuelle Störungen darstellen (z. B. Schulverweigerung, Weglaufen, Einnässen, Aggressivität, emotionalen Rückzug, Lern¬schwierigkeiten, Delinquenz, Drogenmissbrauch). Mehr als die Hälfte der heutigen Alkoholiker stammt aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil alkoholabhängig war.
Ihre eigenen Kinder wiederum haben nun in weit höherem Maße als ihre Altersgenossen die Disposition, selbst suchtmittelabhängig zu werden. Damit nicht genug. Sie haben auch ein weit höheres Risiko, Beziehungen mit Suchtmittelabhängigen einzugehen. Die Suchtmittelabhängigkeit eines oder gar beider Elternteile bedeutet für andere Familienmitglieder einen enormen Stress. Weil der suchtkranke Elternteil dauerhaft außer Kontrolle geraten ist, entwickelt die Familie eine Reihe von ungesunden Verhaltensweisen, um überhaupt überleben zu können. Damit stehen diese Kinder in der großen Gefahr, über diese kindlichen Prägungen später bei eigenen Problemen eine gleich geartete Strategie anzuwenden.
Einige Punkte, an denen die Schädigung aller Beteiligten transparent wird:• Leugnen der Wahrheit
• Vertuschen, in Schutz nehmen
• Überverantwortlich fühlen, Trinkgewohnheiten kontrollieren
• Frühe Verantwortung
• Vertrauensmangel
• Geheimhaltung
• Gewalt
Hilfe bietet NACoAAuszüge aus der Webseite:
NACOA Deutschland - Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien e. V. ist 2004 in Berlin als offizielle Partnerorganisation der amerikanischen National Association for Children of Alcoholics (NACoA) gegründet worden und ist Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin.
Wir arbeiten eng mit NACoA in den USA und NACOA UK in Großbritannien zusammen. Gemeinsam treten wir in unseren Ländern für die Interessen von Kindern ein, die in ihren Familien von Alkoholismus oder anderen Arten von Suchterkrankungen betroffen sind. Unsere Aufgabe ist es, zu informieren und die öffentliche Aufmerksamkeit für Kinder aus suchtbelasteten Familien zu erhöhen. Wir tragen dazu bei, die Familienkrankheit Sucht aus der Tabuzone heraus in das Licht öffentlicher Diskussion zu bringen. Wenn Scham und Verleugnung in Familie und Gesellschaft überwunden werden, erhöhen sich auch die Chancen, dass Kinder suchtkranker Eltern Hilfe erhalten und sich ihre Lebenssituation verbessert.
Ein lesenswertes Buch:
2007, 190 Seiten, 8 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 13,9 x 21,8 cm, Gebunden, Deutsch Gerth Medien ISBN-10: 3865911870 ISBN-13: 9783865911872
Hier der Link zu der Hilfs-Organisation NACOA: https://nacoa.de/
Roland Börck