Soziale Anerkennung + Erfolg = langes LebenGesundheitsforscher und Ärzte erläutern immer wieder, welchen Wert eine gesunde Ernährung und viel Bewegung auf den Körper haben. Wer sich daran hält, besitzt eine größere Chance auf ein längeres Leben. Aber das allein macht es nicht aus, wie zahlreiche Studien immer wieder belegen.
Welch Frage ... Bild: Gerd Altmann / pixelio.deDer einzige Mann im Fernsehen, der rauchen durfteDer Mann hielt sich nicht gerade an gängige Gesundheitstipps. Mit 15 Jahren hat Helmut Schmidt mit dem Qualmen angefangen, und bis zu seinem Tod hatte er keinen Überblick, wie viele Zigaretten er pro Tag raucht. Auch Schnupftabak konsumiert der Altbundeskanzler regelmäßig. Dennoch ist Helmut Schmidt über 90 geworden.
Viel Wertschätzung – längeres LebenDie Anerkennung, die dem Altkanzler zuteil wurde, könnte dabei in direktem Zusammenhang mit seiner robusten Gesundheit stehen. Denn Ökonomen stellen in Studien immer wieder fest: Wer bei der Arbeit und in der Gesellschaft viel Wertschätzung erfährt, ist gesünder und lebt länger.
Anerkennung im Beruf ist vor allem für das Herz ein wahrer Jungbrunnen, schreiben die Forscher Michael Anderson (Berkeley) und Michael Marmot (University College London). Die beiden haben Karrierewege und Krankenakten von mehr als 10.000 Angestellten des öffentlichen Dienstes in Großbritannien ausgewertet.
13 Jahre ForschungDie Forscher konnten auf eine detaillierte Datenbasis zugreifen: Über 13 Jahre lang wurden Arbeitsplatzwechsel und Arztbesuche der Staatsbediensteten genau erfasst. So konnten sie Karrieristen, die schnell in die Führungsebene aufstiegen, mit Kollegen, die über Jahre auf ein und demselben Posten blieben, miteinander vergleichen. Die Wissenschaftler haben dabei nur Abteilungen und Arbeitsbereiche untersucht, die den Mitarbeitern in etwa die gleichen Aufstiegschancen boten. So erhielten sie möglichst aussagekräftige Ergebnisse.
Staatsbeamte, die im Laufe ihres Lebens mehrfach befördert wurden, litten deutlich seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Kollegen, die den Aufstieg nicht geschafft haben. Jeder einzelne Karriereschritt verringert das Risiko, an einer Herzkrankheit zu sterben, um bis zu 13 Prozent. Die Forscher konnten ausschließen, dass sie Ursache und Wirkung vertauscht haben: Die Ergebnisse lassen sich nicht damit erklären, dass gesunde Menschen häufiger befördert werden.
Belohnungen sind willkommenAber warum sind Beförderungen so gut für das Herz? Allein am höheren Gehalt, mit dem sich eventuell ein gesünderer Lebensstil bezahlen lässt, liegt es nicht, sind sich die Forscher sicher. Vielmehr sei es der höhere soziale Status und die Belohnung für den Arbeitseinsatz, der das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung senke.
Denn Übergangene würden oft von Neidgefühlen und Selbstzweifeln geplagt. „Der Frust, es trotz Anstrengungen nicht nach oben zu schaffen, scheint sich schädlich auf die Gesundheit auszuwirken", schreiben die Ökonomen. Biologen haben Hinweise auf einen derartigen Effekt bei Rhesusaffen gefunden: Tiere, die in der Stammeshierarchie weit unten stehen, weisen teilweise höhere Level von Stresshormonen auf.
Der Nobelpreis als LebensschubDass der soziale Status innerhalb einer Gruppe auch bei Menschen großen Einfluss auf den Gesundheitszustand hat, zeigen Studien über berühmte Wissenschaftler und Spitzensportler. So leben Nobelpreisträger bis zu zwei Jahre länger als Forscher, die zwar für den wichtigen Wissenschaftspreis nominiert waren, ihn aber letztlich nicht bekamen. Das haben die Ökonomen Mathews Rablen (Brunel Universität London) und Andrew Oswald (Universität Warwick) herausgefunden.
Sie berücksichtigten dabei, dass gesunde und langlebige Wissenschaftler mehr forschen können und so eine größere Chance auf die Auszeichnung haben. Trotzdem hatten ihre Ergebnisse Bestand: Ein Nobelpreis verlängert das Leben um bis zu 24 Monate.
Arbeitslosigkeit verkürzt das LebenAm stärksten leidet die Gesundheit, wenn jemand seinen Job und damit seinen sozialen Status gleich ganz verliert. Werden Männer in der Mitte ihres Berufslebens entlassen, haben sie im ersten Jahr nach der Kündigung ein doppelt so hohes Sterberisiko wie in normalen Zeiten, zeigen die Ökonomen Till von Wachter (Columbia Universität) und Daniel Sullivan (Federal Reserve Bank Washington) anhand von Daten aus den USA. Selbst nach 20 Jahren konnten die Forscher den gesundheitsschädlichen Einfluss des Jobverlusts noch messen.„Wer mit 40 seinen Arbeitsplatz verliert, stirbt statistisch gesehen bis zu 1,5 Jahre früher."
Und wer in seinem Job die gesuchte Anerkennung nicht findet, der muss sich halt selbständig machen.
Roland Börck