Die höchste Rendite der Welt - Schmiergeld
Wenn Unternehmen etwas zu viel Liquidität in der Portokasse angesammelt haben, dann muss die Frage beantwortet werden, was damit tun. Sich an anderen Unternehmen beteiligen, oder sie sogar aufkaufen, ist eine Möglichkeit, die Rentabilität des eigenen Unternehmens zu verbessern. Wesentlich lukrativer ist aber die Variante, mit „kleinen Geschenken“ Freunde zu gewinnen.
Gut geschmiert - und es läuft rund Bild: Gerd Altmann / pixelio.deBestechung will gelernt seinFür Unternehmen ausgesprochen lukrativ ist die nach wie vor weit verbreitete Korruption. Wirtschaftsforschern zufolge steigt der Börsenwert nach Auftragsvergabe stark an. Doch Bestechen will gelernt sein. So erlebte es der Chemiekonzern Evonik, als die Buchhalter eine Rechnung über 850.000 Euro auf den Tisch bekamen, eingereicht von einem chinesischen Geschäftspartner. Ausgabegrund: Schmiergeldzahlungen an staatliche Behörden. Das war der Anlass, das Gemeinschaftsunternehmen mit den Partnern in China dichtzumachen.
Jeder Zweite wird verdächtigtFast jedes zweite Unternehmen verdächtigt laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Dow Jones seine Konkurrenten, mit unsauberen Mitteln zu kämpfen. Weltkonzerne wie Siemens, Halliburton und Lockheed Martin sind überführte Korruptionssünder. Den Cambridge-Forscher Raghavendra Rau wundert das wenig. Denn Schmiergeld hat eine extrem hohe Rendite, zeigt er in einer Studie.
166 Korruptionsfälle wurden analysiertZusammen mit zwei Kollegen hat Rau eine Datenbank mit 166 Korruptionsfällen aus der ganzen Welt zusammengetragen. Dabei konnten die Forscher naturgemäß nur bekannt gewordene Fälle auswerten. Trotzdem sind die Daten aussagekräftig, denn sie stammen aus 52 Ländern und decken einen Zeitraum von 36 Jahren ab.
Anhand der Aussagen der beschuldigten Manager vor Gericht bestimmten die Forscher, für welchen Vertragsabschluss wie viel Schmiergeld geflossen war. Anschließend analysierten sie, wie weit der Börsenkurs in die Höhe geschnellt war, als das Unternehmen den Vertragsabschluss öffentlich verkündet hatte.
Die Rendite beträgt: 1100 ProzentDiesen Wertzuwachs des Unternehmens behandeln sie als Ertrag der Schmiergeldzahlungen, die den Abschluss möglich machten. Das Ergebnis der Autoren: „Jeder Dollar Schmiergeld erhöht den Marktwert eines Unternehmens im Durchschnitt um rund elf Dollar.“ Das entspricht einer Rendite von 1100 Prozent.
Zu einem ähnlichen Ergebnis war das US-Justizministerium bei einer Auswertung von Korruptionsfällen, die vor amerikanischen Gerichten verhandelt wurden, gekommen. Diese Zahlen zeigen: Durch Bestechung können sich Firmen häufig sehr lukrative Aufträge sichern. Schmiergeld ist in vielen Fällen extrem ertragreich.
Doch Bestechen will gelernt sein. Erfolgreiche Unternehmen scheinen auch in Sachen Korruption einen Wettbewerbsvorteil zu haben: Firmen, die hohe Gewinne erwirtschaften, bekommen für ihr Schmiergeld eine bessere Rendite als Konkurrenten, bei denen die Geschäfte schlecht laufen, zeigt die Studie. Sie verhandeln geschickter mit den korrupten Beamten und drücken so den Preis, vermuten die Ökonomen.
Die Ergebnisse der Forscher sind für die Bekämpfung von Korruption sehr wichtig. Denn erst wenn bekannt ist, wie viel Unternehmen mit der Zahlung von Schmiergeld verdienen, haben Aufsichtsbehörden ein Maß, an dem sie sich bei Strafzahlungen orientieren können. Nur wenn die potenzielle Strafe höher ist als der durch eine kriminelle Tätigkeit erwirtschaftete Gewinn, entfaltet sie eine abschreckende Wirkung, hat der Nobelpreisträger Gary Becker von der Universität Chicago in einem bekannten Modell zur Ökonomie des Verbrechens gezeigt.
Offenlegung der Einkünfte hilftAbschreckende Geldstrafen sind aber nicht die einzige Waffe im Kampf gegen Korruption. Die Studie der drei Ökonomen zeigt eine ganze Reihe von wirksamen Gegenmitteln auf. So wird in Ländern, in denen Politiker ihre Einkünfte offenlegen müssen, weniger geschmiert, zeigen die Daten.
Selbst wenn das eigentliche Schmiergeld wohl nie auf den veröffentlichten Gehaltstabellen eines Politikers auftauchen würde, erlaubt der Blick auf das gemeldete Einkommen einen Vergleich mit dem Lebensstil. Wer ein karges Abgeordnetengehalt bezieht und trotzdem mit einer Jacht durchs Mittelmeer kreuzt, gerät in den Verdacht, andere Einkommensquellen erschlossen zu haben.
Roland Börck